Review: Höft&Wessel skeye.mobile


PDA-Benutzer ist nicht gleich PDA-Benutzer. Der eine will ein elektronisches Notizbuch, in dem er Adressen, Termine, vielleicht noch kurze Texte oder kleine Skizzen speichern kann. Größe und Gewicht sind entscheidend, das Gerät muß in die Hemdtasche passen und darf dabei nicht zu dick auftragen - je kleiner und leichter, desto besser. Der andere wiederum ist mit einem digitalen Notizblock nicht zufrieden, sein PDA muß als mobiles Büro taugen komplett mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, ganzen Datenbanken gar, all das natürlich bequem zu bedienen über eine ordentliche Tastatur und gut zu lesen über ein großes, hoch aufgelöstes Display. Daß derlei Ansprüche zwangsläufig zu größeren Abmessungen und höherem Gewicht führen, nimmt er murrend, aber billigend in Kauf. Der dritte schließlich, der jüngste im Bunde, ist an allem interessiert, was gemeinhin unter dem Begriff "Online" verstanden wird, und wünscht sich vor allem einen PDA, der auch ohne Zuhilfenahme eines externen Zusatzgeräts "online gehen" kann.

Diese unterschiedlichen Ansprüche sind, abgesehen vom letztgenannten vielleicht, so alt wie PDAs selbst. Und sie gelten eigentlich als unvereinbar. Keineswegs unvereinbar, kontert die amerikanische Software- und Ideenschmiede bSQUARE und präsentiert ihren "Power-Handheld Maui", hierzulande vertrieben als "skeye.mobile" von Höft&Wessel in Hannover. Der Maui, respektive skeye.mobile, ist kaum größer als ein aktueller PocketPC, bietet mit seinem VGA-Display aber die vierfache Auflösung, bringt außerdem eine Tastatur mit, die als Schublade auf Wunsch ganz unter dem Display verschwindet, und kann dank eingebautem GSM-Modul über das Mobilfunknetz ins Internet, aber auch telefonierien. Ist der Maui tatsächlich die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau oder doch eher ein vielleicht gar fauler Kompromiß?


Der bSQUARE Maui: Tastaturbedienter Organizer in PocketPC-Größe mit Smartphone-Funktionalität.

Beim Blick auf die technischen Daten wird der Maui den selbstgesteckten hohen Ansprüchen durchaus gerecht: Ein Intel XScale-Prozessor sorgt für zeitgemäße Rechen-Power, 128 Megabyte Speicher sind durchaus üppig auch für höhere Ansprüche, das VGA-Display bietet ein brillantes, hervorragend scharfes und kontrastreiches Bild. Lediglich das Fehlen eines zweiten Karten-Slots neben dem vorhandenen SD/MMC-Steckplatz ließe sich bemängeln - der Preis für eine derart weitgehende Miniaturisierung, ganz ohne Kompromisse geht es eben doch nicht.

Kompromißbereit muß der Anwender auch sein in Sachen Tastatur. Ein Gerät von der Größe eines PocketPC kann ganz einfach kein wirklich vollwertiges Keyboard für die Eingabe mit zehn Fingern bieten. Viele Nutzer gerade kleiner, leichter HandheldPCs haben sich aber ohnehin angewöhnt, Text mit den beiden Daumen zu tippen, da man dafür keine Tischunterlage benötigt. Ob die von bSQUARE genau dafür konzipierte Lösung so sehr glücklich ist, darf andererseits aber bezweifelt werden. Buchstaben sind nach QWERTY-Standard angeordnet, auf eine Anpassung ans deutsche QWERTZ-Schema hat Höft&Wessel verzichtet - Gewöhnungssache. Mindestens ungeschickt ist das Fehlen herkömmlicher Zifferntasten; um Zahlen einzutippen, muß die Numlock-Belegung aktiviert werden, wobei dann ein Teil der Buchstaben nicht zur Verfügung steht. Ebenfalls wenig gelungen ist die Plazierung der Tasten SHIFT, ALT und CTRL. Das dickste Manko allerdings ist die Tastaturschublade selbst. Die Konstruktion ist hakelig, wackelig und knarzt vernehmlich, alles in allem wenig vertraueneinflößend.

Schade eigentlich. Denn in Sachen Software bringt der Maui eine überaus runde Ausstattung mit für ein mobiles Büro im Westentaschenformat, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen tastaturbedienten Geräten auf Basis von Microsofts PDA-Betriebssystem Windows CE.NET. Textverarbeitung und Tabellenkalkulation sind zwar eher einfach gestrickt, für den durchschnittlichen Handheld-Nutzer aber wohl ausreichend und allemal besser als die spartanischen Viewer-Lösungen aus dem Standardlieferumfang von CE.NET. Die PIM-Anwendungen, klassisches Einsatzgebiet des PDA, sind Eigenkreationen von bSQUARE. Deren langjährige Erfahrung in Sachen Software-Entwicklung für CE-Handhelds kommt hier deutlich zum Tragen - aber dazu gleich noch mehr. Aus dem reichhaltigen Fundus hauseigener nützlicher PDA-Programme hat bSQUARE etliche Perlen in das Konzept "Maui" übernommen, z.B. bZIP zum Verwalten komprimierter Dateiarchive, bSCRIPT zum Automatisieren von Abläufen und Backup Plus als leistungsfähige Lösung zum Sichern und Wiederherstellen des Datenbestands am Handheld. Den Anwender freut's, muß er sich doch nicht mehr selbst um die Beschaffung solcher Essentials kümmern.
Kontakte, Mail-Cient und Terminverwaltung sehen auf den ersten Blick aus wie das originale Pocket Outlook von Microsoft, auch wenn das nur noch in exterm abgespeckter Fassung aktuellen CE.NET-Handhelds beiliegt. Bei genauerem Hinsehen wird aber schnell klar, wieviel eigene Entwicklungsarbeit bSQUARE in diese Anwendungen hat fließen lassen. Schließlich soll der Maui ja auch als Smartphone funktionieren.

Das GSM-Modul läßt sich nach Einlegen einer SIM-Karte unkompliziert über ein zentrales Verwaltungstool, das "Phone Center", in Betrieb nehmen, in dem auch Klingelton, Rufumleitungen und andere grundlegende Telefonfunktionen konfiguriert werden. Zur Rufannahme und zum Beenden eines Gesprächs stehen zwei eigene Hardware-Tasten zur Verfügung. Telefoniert wird entweder über ein angeschlossenes Headset oder, in eher mäßiger Qualität, über internes Mikrofon und Lautsprecher. Aus der Anwendung Kontakte können gespeicherte Rufnummern direkt angewählt werden, die Verwaltung ein- und ausgehender SMS-Kurznachrichten übernimmt der Mail-Client mit. Dort gibt es zwei Hauptordner, eben für Mail und SMS, unter denen jeweils die gewohnte Ordnerstruktur des originalen Microsoft Mail-Programms zu finden ist. Beim Verfassen einer neuen SMS wird die Zeichenzahl angezeigt, sehr praktisch. Wird eine SMS empfangen, läßt sich über Buttons schnell und unkompliziert antworten oder der Absender ins eigene Adreßbuch mit aufnehmen. Wirklich vollständig ist die Verzahnung von PIM-Anwendungen und Telefon aber nicht. Unmittelbar SMS-Nachrichten aus den Kontakten zu versenden z.B. ist nicht möglich. Auch das Anwählen gespeicherter Telefonnummern klappt nicht wirklich direkt, vielmehr wird die Rufnummer über die Zwischablage an die eigentliche Telefon-Applikation übergeben, der Rufaufbau muß dort anschließend erst noch angestoßen werden.


Das "Phone Center" ist Dreh- und Angepunkt der Telefonie am Maui.

Sowohl bei eingehenden Anrufen wie auch bei einer ankommenden SMS wird das Gerät aus dem Standby geweckt. Das ist einerseits natürlich praktisch. Andererseits lassen sich nicht wie bei eigentlich allen halbwegs aktuellen Smartphones "Profile" anlegen und bei Bedarf schnell wechseln, um bei Meetings oder ähnlich "störungsanfälligen" Gelegenheiten den Rufton abzuschalten (Vibrationsalarm hat der Maui übrigens keinen). Als Notbehelf gibt es in der Telefon-Applikation einen Button "Do not disturb"; der schaltet aber nicht nur die Klingelmelodie stumm, sondern gleich die gesamte Telefoneinheit auf Nicht-Annahme, Anrufer bekommen das Besetztzeichen zu hören. Noch ein zweiter Nachteil des Weckens durch das Telefon: Schaltet der Benutzer nicht manuell wieder auf Standby, läuft das Gerät minutenlang (je nach Einstellung), ehe es wieder in den Schlafmodus wechselt. Das kostet ordentlich Batteriestrom.

Auch bei der Telefon-Hardware gibt es noch Nachbesserungsbedarf. Die Empfangsstärke des GSM-Moduls ist recht bescheiden, selbst bei erstklassiger Netzversorgung wandert die Anzeige des Empfangspegels selten über 70 Prozent. Zudem ignoriert das Modul offenbar das Entfernen der SIM-Karte, was im Test zum Absturz des Maui geführt hat. An sich würde man erwarten, das Telefon schaltet ohne SIM einfach ab oder automatisch um auf Nur-Notruf-Betrieb.

Als Smartphone läßt der Maui also noch Wünsche offen, kann gegen die am Markt etablierten Smartphones nicht konkurrieren. Jedenfalls solange man die reine Telefoniefunktion als Bewertungsmaßstab nimmt. Als PDA dagegen läßt der Maui mindestens die Mitbewerber aus dem PocketPC-Lager deutlich hinter sich. Während diese nämlich bisher noch mit der Limitierung auf 240x320 Bildpunkte kämpfen, bietet der Maui volle VGA-Auflösung und damit viermal mehr Pixel am Screen. Nicht nur das: bSQUARE hat die gesamte Oberfläche sehr sorgfältig an die Erfordernisse eines mit 200 dpi extrem fein aufgelösten Display abgestimmt. Icons, Menüs, Buttons und Schaltflächen sind groß genug für die Bedienung per Touchscreen, per Hardwaretaste läßt sich ein Ausschnitt des aktuellen Bildschirminhalts um das Vierfache vergrößern, per Software um 90 Grad drehen - ein Doppelplus für Ergonomie. Ob das PocketPC-Lager da wird nachziehen können mit Windows Mobile 2003 Second Edition, bleibt abzuwarten.


Die Benutzeroberfläche ist aufwendig angepaßt an 200 dpi Auflösung, angezeigte Inhalte dagegen sind winzig.

Dem PocketPC nachempfunden ist der Today Screen des Maui, der Auskunft gibt über anstehende Termine, empfangene Mails und SMS-Kurznachrichten sowie über Telefonstatus und verpaßte Anrufe. Der Today Screen ersetzt die normale Desktop-Oberfläche eines HandheldPC komplett. Editierbare Verknüpfungen wie am Desktop werden dennoch angezeigt, allerdings limitiert auf ein Viertel des Bildschirms.


Der Today Screen erinnert an den PocketPC, Startmenü und Systray an Windows XP.

Das Startmenü wiederum ist dem von Windows XP nachempfunden. Das selbe gilt für den Systray, der selten aktivierte Symbole vor dem Benutzer versteckt. Leider läßt sich diese Funktion nicht abschalten oder die Zahl der gezeigten Icons einstellen. Auch Startmenü und Anzeigeschema können nur in Maßen und auch nur durch manuelle Eingriffe in die Registry editiert werden. Wünschenswert wäre ein entsprechender Dialog in der Systemsteuerung gewesen. Dafür findet sich dort ein Control, um den XScale-Prozessor herunterzutakten um Strom zu sparen - praktisch für Benutzer, denen an langer Akkulaufzeit mehr gelegen ist als am letzten Quentchen Performance. Für Spiele oder Multimedia eignet sich der Maui sowieso nur bedingt, die verwendete Grafiklösung ist zu schwachbrüstig.

Alles in allem: Das Konzept ist stimmig, die Umsetzung noch nicht. Ein paar gravierende Schwächen müßten mit einer Hard- und Software-Revision ausgebügelt werden. Ob es eine solche geben wird, scheint aber fraglich. Gerüchten zufolge arbeitet bSQUARE längst an Neuem, möglicherweise einem Nachfolger des Maui, aber eben an einem Nachfolger, keiner überarbeiteten Version.

Die Frage ist ohnehin, inwieweit das Konzept "Maui" am Markt bestehen kann. Ein Windows CE-Gerät in der Größe eines PocketPC mit Telefonfunktion muß sich mit den von Microsoft mit hohem Aufwand gepushten Smartphones messen, hierzulande vor allem an T-Mobiles MDA II, dem XDA II von o2 und Vodafones VPA. Und da stehen die Chancen zwangsläufig schlecht. Die Netzbetreiber subventionieren diese Geräte massiv bei Vertragsabschluß, der Maui bzw. skeye.mobile kostet aus Kundensicht damit mehr als doppelt soviel (welcher Kunde rechnet schon die in zwei Jahren auflaufende Grundgebühr eines Mobilfunkvertrags zum Kaufpreis hinzu?). Ob der Mehrwert den Mehrpreis rechtfertigt, ob VGA-Auflösung und Spar-Tastatur so viele Kunden überzeugen können tiefer in die Tasche zu greifen, ist zu bezweifeln - ohne Hard- und Software-Revision sowieso. Tatsächlich hat Höft&Wessel sang- und klanglos die Vermarktung des skeye.mobile auf ein Minimum herunter gefahren, Informationen auf der Website des Unternehmens sucht man vergeblich. Kaum am Markt und schon wieder abgekündigt? Wäre schade.

Jürgen Rothberger
Juni 2004

Unser Dank an dieser Stelle an die Höft&Wessel Skeye Webpanel AG für das Zurverfügungstellen des Testgerätes.


Einen Fehler gefunden? Einen Link, der ins Leere weist? Anregungen zu dieser Seite?
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf: webmaster@rothberger.net oder per Beitrag im Forum