Celux 300HC, der Traum-Handheld für Leute mit schmalem Budget -
oder doch nicht?
Der NEC MC/300HC (oder Celux 300HC, nachfolgend der Einfachheit
halber schlicht 300HC genannt) ist alles andere als ein
gewöhnlicher HandheldPC. Nach allen gängigen Definitionen handelt
es sich um einen echten HPC, angetrieben von einem Intel PXA250
Prozessor und mit HandheldPC 2000 Betriebssystem. Allerdings gibt es
nicht das kleinste Fitzelchen an offizieller Information auf
irgendeiner Website des Herstellers NEC und selbst Google spuckt nur
eine Handvoll Treffer aus. Grund ist, daß der 300HC ein sehr
spezielles OEM-Produkt ist und niemals für den freien Handel
gefertigt wurde, sondern exklusiv für CELUX, einen japanischen
Händler für Zweite-Wahl-Luxusartikel speziell der Marke Louis Vuitton.
Mit seiner 300MHz schnellen PXA250 CPU, einem überdurchschnittlich
guten HPA-Bildschirm (HPA = High Performance Addressing,
Passivmatrix-STN-Displays mit besonders schnellen Reaktionszeiten),
einem CompactFlash-Steckplatz und einem ohne sperrigen Adapter
direkt nutzbaren USB Host-Port könnte der NEC/Celux 300HC der Traum
für jeden Anwender mit eher schmalem Geldbeutel sein angesichts
eines avisierten Kaufpreises von gerade mal 120 US-Dollar. Nachdem
ich nun einige Zeit den 300HC in Gebrauch habe, mußte ich aber
ziemlich enttäuscht feststellen, daß das niedliche Ding den einen
oder anderen schwerwiegenden Makel hat, die den 300HC weit weniger
stabil und zuverlässig machen als wir HPC-Fans uns von NEC,
immerhin früher einer der Großen in diesem Marktsegment, erwartet
hätten.
Bevor ich zum eigentlichen Testbericht komme, vielleicht noch ein
paar Bemerkungen zur Hintergrundgeschichte des 300HC. Im Internet
findet man wenig, kaum detaillierte Beschreibungen, noch weniger
Support-Seiten. Als einigermaßen versierter HPC-Nutzer und dank
meiner Muttersprache Chinesisch, die mir doch zumindest grob den
Inhalt vieler japanischer Websites zugänglich macht, konnte ich
dennoch ausgehend von der Website eines Modeeinkäufers aus Hongkong
die Hintergründe des 300HC fast vollständig ausgraben: Celux
verkauft wie erwähnt Luxusartikel zweiter Wahl der Marke Louis
Vuitton, allerdings nur an Kunden, die sich zuvor als Mitglieder
registriert haben und saftige Mitgliedsbeiträge bezahlen. Im Sommer
2002 bekam man bei einer Neuregistrierung als Gegenwert für die
Anmeldegebühr von 200.000 Yen (umgerechnet über 1400 EUR) als
Willkommensgeschenk so einen 300HC. Nur das Gerät kaufen konnte man
nicht. Um dem exklusiven Handheld eine modische Note zu geben, wurde
der Gehäusedeckel im für Louis Vuitton typischen Schachbrettmuster
verziert. Auch der Ledertraggurt, an der rechten Gehäuseseite des
300HC angebracht, zeigt dieses modische Dekor.
Zu Beginn des Jahres 2005 fanden einige dieser Geräte als
Elektronikschrott deklariert, aber nach Angaben des Verkäufers
"unbenutzte Lagerware", ihren Weg nach China und wurden
hier zu einem durchaus verlockenden Preis von 999 Yuan (knapp über
100 EUR) angeboten. Ich ergatterte zunächst einen gebrauchten 300HC
sogar noch günstiger, nämlich für 800 Yuan - dazu später mehr
Das bekommt man bei einem NEC/Celux 300HC:
PXA250 300M ARM CPU
32M RAM
Japanisches Betriebssystem HPC2000
USB Mini-B zum Synchronisieren, USB Typ A Host-Port zum Anschluß
von Peripheriegeräten, CompactFlash Slot, Stereo Kopfhörer-Buchse
20.3 x 9.3 x 3.1 cm
550g mit Batterie
Äußerlichkeiten
Der 300HC ist ein recht gewöhnlicher Tastatur-Organizer mit
640x240 Halb-VGA Auflösung im für NEC typischen Formfaktor. Wie in
der Abbildung unten zu sehen ist, bringt er eine englische
QWERTY-Tastatur mit und die japanische Version des Betriebssystems
HPC 2000. Zur mitgelieferten Software will ich mich nicht weiter
auslassen, im wesentlichen findet sich auf dem 300HC das, was jeder
HPC 2000 Handheld mitbringt, zusätzliche Programme finden sich
nicht. Anders als der weit verbreitete HP Jornada 720 bietet der
300HC nur einen einzigen CompactFlash-Slot, was die
Erweiterungsmöglichkeiten zweifellos limitiert. Trotzdem ist das
Gerät größer und schwerer, als man erwarten würde: 550 Gramm auf
20,3 x 9,3 x 3,1 Zentimeter. Mit ein Grund ist sicherlich der
schwere Akku mit einer Nominalkapazität von 2000mAh sowie der für
PDA-Verhältnisse ungewohnt große Standard USB Host-Port.
Auf der linken Gehäuseseite sind die wichtigsten
Verbindungsbuchsen untergebracht, nämlich Infrarot, die Buchse für
den Stromanschluß, ein proprietärer serieller Anschluß (unklar ob
als Sync-Anschluß oder zum Verbinden mit einem Mobiltelefon
gedacht), der USB Mini-B Port für die Sync-Verbindung zum PC sowie
der USB Host-Port, auf den ich später genau eingehe. Der
CF-Kartensteckplatz, der Einschub für den Stylus, zwei
programmierbare Sondertasten zum Aufruf von Internet Explorer und
Mail Client sowie der Einschaltknopf finden sich rechts am Gehäuse.
Die Tasten sind ein bißchen klein geraten, selbst für die
sprichwörtlichen kleinen asiatischen Hände. Im Vergleich zu meinem
Intermec 6651 bietet das Keyboard des 300HC einen größeren
Tastenhub, was das Schreiben angenehmer macht, trotz der kleineren
Tasten.
Vor einiger Zeit besaß ich einen NEC 730F, die japanische
Ausgabe des MobilePro 880. Ich denke, die Tastatur des 300HC ist der
des MobilePro 880 sehr ähnlich, wenngleich letzterer etwas
größere Tasten mit noch etwas mehr Hub hatte und damit ein noch
besseres Gefühl beim Tippen vermittelte. Ich hatte bisher keine
Gelegenheit, den HP Jornada 720 oder den Psion 5mx zu testen, zwei
Geräte, von denen es heißt, sie hätten besonders gute Tastaturen.
Schade, daß ich zu diesen Handhelds keinen Vergleich ziehen kann.
Pro und Contra
Zunächst zu den Stärken des Geräts:
1. Das überdurchschnittlich gute Display. Der besagte
Wiederverkäufer behauptet, es handle sich um ein HPA-Display, eine
verbesserte Variante der DSTN-Bildschirme. Ich halte das für
durchaus möglich, da die für DSTN typischen
"Geisterbilder", bedingt durch die Trägheit von
Passivmatrix-Displays, beim 300HC fast nicht auftreten. Die
Wiedergabe des Film-Trailers "Matrix" von der
TCPMP-Website läuft am 300HC ganz annehmbar. Selbst extrem rasante
Action-Sequenzen werden noch sauber dargestellt. Ich nehme an, der
300HC dürfte als mobiler Videoplayer die meisten Anwender nicht
enttäuschen. Das ist schon bemerkenswert für ein Gerät, das zu
einer Zeit konzipiert und gebaut wurde, als DSTN-Technik noch
durchaus üblich war bei HandheldPCs. Allerdings ist die
physikalische Auflösung des 300HC recht grob, das großmaschige
Pixelraster läßt Kompressionsartefakte und andere Störungen bei
der Videowiedergabe deutlich zu Tage treten.
Alles in allem ist der Bildschirm dennoch sehr annehmbar. Das
Display ist in jedem Fall deutlich besser als das des NEC 730F oder
des HP Jornada 720, die beide schlicht ungeeignet sind für die
Videowiedergabe. Selbstverständlich legen die wenigsten
Jornada-Nutzer Wert darauf, Videoclips auf ihrem 720 anzusehen. Der
produktive Nutzen des Geräts steht für sie im Vordergrund. Und da
muß der 300HC Punkte abgeben aufgrund des insgesamt etwas kleineren
Bildschirms mit 5,4 x 14,9 Zentimeter.
2. Nochmal zur Videowiedergabe: Der ständig weiter verbesserte
Player "TCPMP" erlaubt dem 300HC, die meisten DivX Dateien
problemlos mit seinem 300MHz PXA250 Prozessor zu decodieren. Picard,
der Entwickler von TCPMP, betont in einschlägigen Foren immer
wieder, sein Player sei nun mal optimiert für XScale Prozessoren.
Wer also vordringlich einen günstigen HPC zur Videowiedergabe
sucht, ist mit dem 300HC gut bedient.
3. Gute Verbindungsmöglichkeiten. Der 300HC bietet einen
USB Host-Port, einen USB Mini-B Anschluß zum Syncen und einen
proprietären seriellen Anschluß, möglicherweise ursprünglich zum
Synchronisieren gedacht oder zum Verbinden mit einem Mobiltelefon.
Das benötigte USB A/ USB Mini-B Kabel für die Sync-Verbindung ist
billig zu haben. Man staune: Der für den NEC MobilePro 900 gedachte
USB-Treiber, der unter Windows am PC installiert werden muß,
funktioniert auch mit dem 300HC. Allerdings ist die erste
Inbetriebnahme der Sync-Verbindung ein bißchen hakelig, erfordert
einige händisch zu erledigende Einstellungen. Einfach per Plug&Play
den 300HC verbinden, funktioniert also leider nicht.
Die größte Überraschung für mich war aber der USB Host-Port,
der als Standard Typ A ausgelegt ist wie am PC. Das spart sperrige
Adapterkabel. Einfach einen USB-Speicherstick anstecken und sofort
kann man loslegen (den passenden Treiber vorausgesetzt). Der Port
läßt sich auch nutzen für z.B. eine große externe Tastatur,
bestimmte Digitalkameras, Drucker und sogar externe Festplatten. Zum
Thema Treiber komme ich weiter unten noch. Bei größeren,
schwereren HandheldPCs wie dem Intermec 6651 oder dem NEC MobilePro
880 ist so ein USB Typ A Port sicherlich keine Überraschung. Aber
gerade in so einem kleinen Tastatur-Organizer wie dem 300HC sorgt
ein vollwertiger USB Host-Port erst richtig für Komfort beim
Arbeiten. Erst recht, weil am 300HC auf die Art ein kleiner
USB-Memorystick als Massenspeicher verwendet werden kann und der
CompactFlash-Slot damit frei bliebt für Wifi-Adapter,
Ethernet-Karte oder wofür auch immer. Ein dickes Plus!
Nun zu den Schwächen:
Der 300HC ist alles andere als makellos. Einige Fehler sind
äußerst schwerwiegend, ja fatal.
Zum einen gibt es ein Problem mit der Haltbarkeit von Display und
Touchscreen. Wenn man von den gemeldeten Defekten in chinesischen
HPC-Foren ausgeht, scheint der Prozentsatz an Ausfällen sogar recht
hoch. Ich würde schätzen, bei 40 bis 50 Prozent der Geräte stirbt
der Bildschirm früher oder später. Mich selbst traf es ebenfalls
bei meinem ersten gekauften 300HC, da gab das Display nach nur zwei
Tagen den Geist auf.
Meinen ersten 300HC hatte ich wie erwähnt gebraucht für
umgerechnet etwa 80 EUR über das Internet gekauft. Gleich am ersten
Tag, als ich ihn endlich in Händen hielt, muckte das Display,
manchmal verschwand die Anzeige komplett, manchmal dunkelte der
Screen auch "nur" soweit ab, daß man nichts mehr erkennen
konnte. Zwischendurch aber funktionierte der Bildschirm ganz
prächtig. Am nächsten Tag dunkelte das Display dann immer
häufiger ab. Irgendwann blieb es dann dunkel, selbst nach längerer
Aufwärmzeit war immer noch nichts zu erkennen. Ich mußte das
Gerät an den Verkäufer zurückgeben und bekam den Kaufpreis
erstattet. Ich denke nicht, daß der Verkäufer mich über's Ohr
hauen wollte, indem er mir ein defektes Gerät verkaufte, sonst
hätte er dem Kauf über einen Treuhänderdienst nicht zugestimmt.
Ich schätze, da gibt es einfach einen gravierenden Design-Fehler
beim 300HC.
Wie ich später nämlich feststellte, berichteten in Foren auch
andere Anwender von solchen Bildschirmausfällen oder auch von
Problemen mit dem Touchscreen, der auf Eingaben nicht mehr oder
völlig falsch reagiert. Allerdings war auch schon eine Lösung
bekannt. Dazu muß man das Gerät aufschrauben und an drei Stellen
die Kabelverbindungen zum Bildschirm und zur Touchscreen-Folie
fixieren. Das funktioniert auch bei Geräten, bei denen das Display
bereits komplett ausgefallen ist. Die meisten betroffenen Besitzer
eines 300HC berichten von einer erfolgreichen Reparatur in diesen
Fällen, nur wenige ließen sich auf die Art nicht wiederherstellen.
Ich vermute, auch bei meinem ersten 300HC hätte sich der
Display-Ausfall mit dieser Methode reparieren lassen. Aber damals
gab es erst wenige Berichte in Foren zu diesem Thema, und mir selbst
fehlt das technische Hintergrundwissen, um von selbst auf so eine
Lösung zu kommen.
Neben den Bildschirmdefekten gibt es ein zweites schwerwiegendes
Problem, wie es scheint: Manchmal wird aus unerfindlichen Gründen
das ROM gelöscht, der 300HC läßt sich dann gar nicht mehr in
Betrieb nehmen. In mindestens einem mir bekannten Fall trat dieses
Phänomen bei einem Nutzer auf, der zwar kurz vorher einiges an
Software ausprobiert hatte, aber durch die Bank nur
Standard-Applikationen. Weder hatte er versucht, das ROM zu flashen,
noch hat er sonstige Hardware Hacks probiert. Aus nicht
nachvollziehbaren Gründen war das ROM plötzlich nicht mehr lesbar,
der Handheld ließ sich nicht mehr einschalten. Selbst nach
Entfernen von Haupt- und Sicherungsbatterie (nebenbei bemerkt der
einzige Weg, um einen Hardreset auszuführen, den die chinesische
Anwendergemeinde bisher ausfindig gemacht hat) ließ sich das Gerät
nicht zum Starten überreden. Schließlich zahlte der betroffene
300HC-Besitzer umgerechnet nicht ganz 20 EUR, um aus einem
funktionierenden Gerät mit einem EPROM-Programmer ein ROM-Image
auszulesen und dieses in den ROM-Chip seines defekten 300HC zu
schreiben. Seither funktioniert sein Handheld wieder wie gewohnt.
Was auch immer die Ursache für diesen Fehler ist, er wiegt weit
schwerer als das Problem mit den Bildschirmausfällen, weil im
Ernstfall deutlich schwieriger und nur unter Zuhilfenahme spezieller
Ausrüstung zu reparieren. Nicht jeder hat dann Zugriff auf einen
noch funktionierenden 300HC, um ein ROM-Image kopieren zu können.
Das originale ROM-Image ist nirgendwo als Download verfügbar. Ich
kenne einen Betroffenen, der in mehreren Foren erfolglos gebettelt
hat, irgendwer möge ihm ein Image zur Verfügung stellen;
EPROM-Programmer und das nötige Knowhow für eine Reparatur wären
vorhanden gewesen. Wenig besser, aber immerhin mit glücklichem
Ende, ging es einem anderen Nutzer, der seinen 300HC quer durch ganz
China verschicken mußte, um ihn reparieren zu lassen.
Das Stromnetz in China funktioniert mit 220V, während in Japan
110V anliegen. Um einen aus Japan stammenden 300HC in China an die
Steckdose hängen zu wollen, benötigt man also einen 110V/220V
Spannungswandler. Der erwähnte Wiederverkäufer, seit immerhin drei
Jahren im Geschäft mit HandheldPCs, behauptet nun, daß beim Ein-
und Ausstecken des Spannungswandlers statische Aufladungen
entstehen, die den ROM-Chip beschädigen bzw. löschen können.
Wahrscheinlich ist das aber nur eine Ausrede, um betroffene Kunden
zu beschwatzen und um die Gewährleistung herumzukommen. Ich glaube
dieser Erklärung jedenfalls nicht.
Kein wirkliches Problem, aber eindeutig ein Minuspunkt: Der Akku
hält nicht, was er verspricht. Die Nominalkapazität beträgt
2000mAh. Trotzdem reicht eine Akkuladung bei durchschnittlicher
Nutzung - eBooks lesen, ein paar Minuten Videowiedergabe, dazu
PIM-Applikation nutzen - gerade mal zwei bis drei Stunden.
Ich habe bis dato schon einiges an gebrauchtem
Elektronikspielzeug gekauft, darunter etliche HandheldPCs, die
ähnlich dem 300HC als "Elektronikschrott" nach China
importiert wurden. Bis dato funktionierten alle diese Geräte
prächtig. Bei keinem gab es so viele und so schwerwiegende Probleme
wie beim 300HC. Da diese Handhelds nie frei im Handel verkauft
wurden, kann ich nicht mit einem offiziellen Retail-Gerät
vergleichen. Ich tendiere aber dazu zu glauben, die nach China
verkauften Geräte wurden aussortiert aufgrund von kleineren oder
größeren Fertigungsfehlern oder ähnlichem. Sie sind also nicht
wie behauptet "unbenutzte Lagerware", fürchte ich.
Software-Tips
Funktionierender USB-Treiber für ARM HPC Pro und HPC2k
Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, ich war der erste, der
einen rundum funktionierenden USB-Massenspeichertreiber für
ARM-basierte HPC 2000 Geräte wie den 300HC entdeckt und benutzt
hat. Es gibt ja extrem wenige ARM-basierte HandheldPCs, erst recht
solche mit USB Host-Port, sieht man von den modernen CE.NET Geräten
ab. Der HP Jornada 820 ist wahrscheinlich der einzige aus der HPC
pro Generation, sofern man kurzlebige Konzeptstudien und
Messemodelle außen vor läßt. Der Jornada 820 bringt zwar einen
USB Host-Port mit, fand aber zuwenig Verbreitung, um die
Marktsituation zu beeinflussen. Der HP Jornada 720 andererseits
verkaufte sich in großen Stückzahlen, bot aber keinen USB
Host-Anschluß. Entsprechend gering waren deshalb die Bemühungen
der allermeisten HPC-Fans, überhaupt einen Treiber für
USB-Massenspeicher zu bekommen.
Da HPC 2000 Geräte mit ein bißchen Glück Treiber für PocketPC
2000/2002 benutzen können, landet man bei der Suche nach einem
geeigneten Massenspeichertreiber folgerichtig erst mal bei dem
großartigen Treiberpaket, das Deje für PocketPC 2002 geschrieben
hat. Zumindest ging es der chinesischen 300HC-Nutzergemeinde so.
Unglücklicherweise will Dejes Treiber auf dem 300HC nicht recht
laufen. Er läßt sich durchaus installieren und startet auch. Wenn
man dann z.B. einen USB-Speicherstick mit dem 300HC verbindet,
öffnet sich auch sofort ein Fenster mit dem Titel "USB
Disk". Das war's dann aber, die Zugriffsgeschwindigkeit ist
verflixt lahm. In ein anderes Verzeichnis zu wechseln und sich
dessen Inhalt nur auflisten zu lassen, dauert über 20 Sekunden.
Zudem ist die Verbindung zwischen Gerät und Speichermedium nicht
sehr stabil. Ein großes File vom oder zum USB-Speichermedium
kopieren endet nicht gerade selten in einem Einfrieren des Handheld,
direktes Abspielen von Videos oder selbst MP3-Audiofiles ist
schlichtweg unmöglich. Eine ganze Reihe von Anwendern, mich
eingeschlossen, hat versucht, die Treibereinstellungen in alle
möglichen Richtungen zu verändern und so eine funktionierende
Konfiguration zu finden, allerdings erfolglos. Es blieb unmöglich,
Multimedia über USB wiederzugeben, selbst beim Öffnen von eBooks
über USB ging die System-Performance merklich in den Keller. Am
Ende gaben wir Dejes Treiber auf. Könnte sein, daß es doch
fundamentale Unterschiede zwischen HPC 2000 und PPC 2002 gibt,
insbesondere bei so hardware-nahem Code wie Treibern.
Die Rettung nahte in Gestalt von NECs USB Clik! Treiber!
Tatsächlich hatte ich diesen Treiber schon beinahe zwei Jahre auf
dem MIPS-basierten NEC 730F im Einsatz, nach dessen Verkauf dann auf
zwei Sharp HC-AJ1 (HPC pro, ebenfalls MIPS), außerdem auf einem
Intermec 6651 und einem Sigmarion II, beides MIPS-Geräte mit HPC
2000 Betriebssystem. Alle diese Handhelds können über einen USB
Host-Port Peripheriegeräte ansprechen, der USB Clik! Treiber von
NEC arbeitet auf jedem hervorragend.
Eines Tages kam mir der Gedanke, es könnte doch von diesem
Clik! Treiber auch eine Version für ARM-Handhelds geben. Den Clik!
Treiber gibt es zwar nur für HPC pro, er funktioniert in aller
Regel aber auch unter HPC 2000, so wie die meisten Programme für
HPC pro. Ich machte mich also auf die Suche nach einer solchen
Treiberversion auf der reichlich unübersichtlichen
Website von NEC Japan - mit Erfolg.
Es reicht, das CAB-File auf dem Handheld auszuführen, danach den
USB-Speicherstick oder die externe Festplatte anzuschließen und
nach Aufforderung als Treibername "USBclik" oder "USBclik.dll"
einzutragen - voila! Zu beachten ist, daß der Treiber wirklich
"USBclik" heißt, nicht "USBclick". Änderungen
in der Registry sind nicht nötig, die Konfigurationsmöglichkeiten
des Treibers sind ohnehin recht begrenzt. Geändert werden können
im wesentlichen nur die verwendeten Laufwerksbezeichnungen. Mehr
kann man nicht einstellen. Beim Anschließen eines
USB-Massenspeichers erscheint automatisch ein neues Fenster mit
japanischen Schriftzeichen. Einfach anklicken, schon wird der Inhalt
des Speichermediums aufgelistet. Das passiert in einem viel höheren
Tempo als mit Dejes Treiber, beinahe so schnell wie beim Zugriff auf
eine CompactFlash-Speicherkarte. Selbst beim Zugriff auf große
Dateien kostet die Initialisierung nicht merklich Zeit. MP3-Files
mit TCPMP anzuhören ist ein Zuckerschlecken. Die Übertragungsrate
per USB reicht sogar aus, um TCPMP von einer externen Festplatte
320x240 VideoCD-Material wiedergeben zu lassen (als .DAT Files
direkt von der VideoCD kopiert) und es gibt keine Framedrops.
Ganz so makellos funktioniert das alles leider doch nicht: Alle
etwa zehn Sekunden stockt die VCD-Wiedergabe in TCPMP für ein bis
zwei Sekunden, in denen der Player offenbar auf den Datenstrom über
USB warten muß. Nach dieser Pause wird das Video völlig sauber
weiter abgespielt. Unglücklicherweise aber wieder nur rund zehn
Sekunden bis zur nächsten Pause. Ich vermute, der 300MHz Prozessor
kann durchaus so ein 320x240 VCD-Video decodieren. Das Problem
dürfte am ehesten im USB-Treiber liegen. Kein Wunder eigentlich,
der Treiber stammt aus dem Jahr 2000 und wurde für HPC pro
geschrieben. Er ist sicherlich veraltet, nicht im geringsten
optimiert für das modernere Betriebssystem HPC 2000, noch weniger
für XScale-Prozessoren. Tatsächlich gibt es ja signifikante
Unterschiede zwischen dem alten ARM-Prozessor des Jornada 820 und
der PXA250 CPU, die den 300HC antreibt. Im Jahr 2000 hätte niemand
daran gedacht, eine VideoCD über USB auf einem HandheldPC
wiedergeben zu wollen. Der USB Clik! Treiber ist dafür einfach
nicht gemacht.
Langer Rede kurzer Sinn: USB-Speichermedien funktionieren
wunderbar, wenn es um MP3-Dateien oder eBooks geht, die mobile
Videowiedergabe dagegen ist zu anspruchsvoll.
Vom USB Clik! Treiber unterstützte Geräte:
Digitalkameras: NIKON 995, Nikon 2500, Fuji 1400, Minolta XT DC, Olympus C700UZ
USB Massenspeicher/ externe Festplatten: praktisch jedes
Speichermedium, das ohne spezielle Treiber auskommt (unter WinME,
Win2k and WinXP), wie auch Speicherkartenleser and USB-IDE Adapter.
Bei Speicherkartenlesern sind solche für einen einzelnen Kartentyp
zu bevorzugen, da Windows CE nur die erste Partition eines
Speichermediums bzw. den ersten Karten-Slot erkennen kann. Bei
Multi-Format-Kartenlesern ist deshalb nur der erste Slot, in aller
Regel der CF-Steckplatz, benutzbar.
USB Tastaturen: Mindestens ein Samsung PS/2 Keyboard funktioniert
bei mir prächtig am USB Port, sogar mit zwischengeschaltetem PS2-USB
Konverter. Der 300HC erkennt die Tastatur auf Anhieb, Treiber wird
keiner benötigt.
USB GPS: Man benötigt für diese Geräte den USB-232 Treiber von Zoro
Yoshi. Er unterstützt den PL2303 Serial Controller des 300HC.
Zunächst kopiert man die Datei 232usb.dll ins "Windows" Verzeichnis,
dann verbindet man Handheld und USB GPS. Wenn das Betriebssystem
nach dem Treibernamen fragt, gibt man "232usb" ein - fertig.
Englischsprachige Benutzeroberfläche
Von anderen, englischsprachigen HPC 2000 Geräten stammende
Systemdateien lassen sich auf den 300HC kopieren und ersetzen die
originalen japanischen Dateien aus dem ROM. Als Ergebnis bekommt man
eine teilweise ins Englische übersetzte Benutzeroberfläche, wie im
Screenshot unten zu sehen ist. Im Moment gibt es dabei zwei
unangenehme Nebenwirkungen: Zum einen lassen sich CAB-Files nicht
mehr so einfach ausführen. Zum anderen funktioniert der originale
Media Player aus dem ROM nicht mehr.
GAPI for HPCs: offizieller Support angekündigt
Eine Petition chinesischer Anwender hatte Erfolg, der Entwickler
des bekannten Software-Pakets "GAPI for HPC" hat für eine
künftige Version die offizielle Unterstützung des 300HC zugesagt.
Aktuell gibt es eine Beta-Version, die bereits grundlegende
Unterstützung des 300HC beinhaltet, die nächste Release-Version
sollte also auf dem Gerät laufen. Damit wird sicherlich die
Performance des 300HC bei Spielen und Multimedia deutlich
verbessert, besonders auch in Emulatoren. Einfach dranbleiben und
abwarten.
WinWatch: vielversprechender Hack für PPC-Programme
Der Software-Entwickler Elias Zacarias, in vielen Foren unter dem
Pseudonym Shadow Master
aktiv, hat ein großartiges Tool geschrieben, mit dem sich
Programmfenster von PocketPC-Applikationen in der Größe ändern
oder verschieben lassen. Bisher stand man mit einem klassischen
Halb-VGA Handheld vor dem Problem, daß ein PPC-Programm zwar
vielleicht funktionierte, ein Teil des Programmfensters aufgrund der
nur 240 Pixel Bildschirmhöhe aber unsichtbar war. WinWatch erlaubt
nun, das Programmfenster einer PocketPC-Applikation auf dem Screen
zu verschieben und so an andernfalls unzugängliche Menüs oder
Einstelldialoge heranzukommen. Auch das wird zweifellos den Fundus
an lauffähiger Software für den 300HC deutlich erweitern, da
anders als bei den alten MIPS-basierten HPC2k Geräten für ARM eine
Menge PPC-Programme zur Verfügung stehen, die möglicherweise zum
Laufen zu bringen sind.
Eine Liste getesteter und lauffähiger PocketPC-Programme gibt es
für den Jornada 720. Diese Programme sollten aufgrund der eng
verwandten CPU und des selben Betriebssystems auch auf dem 300HC
funktionieren.
Fazit
Einen kleinen Teil dieses Testberichts hatte ich vor etwa zwei
Monaten bereits im Forum von HPC:factor veröffentlicht. Seither hat
sich meine Sicht zum 300HC ein bißchen geändert. Bevor einige
betroffene Anwender in China das Problem mit dem Ausfall des
Bildschirm gelöst hatten, stand ich der niedlichen NEC-Schönheit
ziemlich negativ gegenüber und hätte das Gerät keinesfalls
irgendeinem HPC-Fan empfohlen. Nachdem das Display-Problem nun
offenbar gefixt ist und etliche Nutzer bestätigt haben, daß sie
auf diese Art ihren 300HC reparieren konnten, ändere ich meine
Einschätzung von "keinesfalls zu empfehlen" auf
"Vorsicht walten lassen beim Kauf". Es besteht ja immer noch
das Risiko des unvermittelt gelöschten ROM, wenngleich dieses
Risiko offenbar eher gering ist. Wer sich davor nicht scheut, sollte
sich unbedingt einen Celux 300HC besorgen und damit
außergewöhnliche Handheld-Erfahrungen machen im Stile von Louis
Vuitton :)
Links, die im Testbericht erwähnt wurden (Stand September
2005)
WinWatch: http://www.damnsoft.org/
GAPI for HPCs: http://www.wincesoft.de
Deje USB Treiber für PPC 2002/2003: http://www.deje.gmxhome.de/
NEC's USB Clik! Treiber für Windows CE: http://www.nec.co.jp/
232usb - RS232 USB serieller Treiber: http://www.softclub.jp/zoro/ce/
TCPMP: http://tcpmp.corecodec.org
29. September 2005
Zhou Xiwen
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