Anwenderbericht: Sharp HC-AJ1

von Zhou Xiwen
(read Zhou's original review in English here)


Der Sharp HC-AJ1, ein wahres Himmelsgeschenk

Wenn von Sharp-Notebooks die Rede ist, schwärmen Kenner sofort von deren Portabilität. Man muß neidlos anerkennen, daß Sharp immer wieder tolle ultra-schlanke Notebooks gebaut hat, die jedesmal viel Beifall fanden. Weniger bekannt ist, daß Sharp auch etliche HandheldPCs produziert hat, die die selben Qualitäten aufweisen, sich durch die selbe schlanke Bauweise auszeichnen und trotzdem hohe Performance bieten. Zu nennen wäre hier z.B. der HC-VJ2C, die japanische Version des international bekannteren Intermec 6651. In meinem Bericht geht es aber um einen anderen, älteren Sharp-Handheld, den HC-AJ1, mindestens in Sachen Portabilität ein nicht leicht zu überbietendes Gerät, weil...

...vielseitig

Sharp hat es beim HC-AJ1 geschafft, ein 8,4" großes TFT-Display, einen vollwertigen USB Host-Port, ein internes 56k Modem, serielle sowie Infrarot-Schnittelle und dazu noch als Erweiterungs-Slots sowohl CompactFlash Typ II wie auch PCMCIA Typ II in einem formschönen, 820g leichten Gehäuse zu verpacken (Details zu den Spezifikationen unten unter "Weitere Bemerkungen"). Das ist schon was.

...groß und schick

Sharp ist ein weltbekannter Hersteller von LCD-Panels. So verwundert deshalb nicht, daß Sharp dem HC-AJ1 schon 1999 ein wunderbares 8,4" großes Display mit 800x600 Auflösung in TFT-Technik spendiert hat, zu einer Zeit also, als noch kein anderer Handheld diese moderne Display-Technik bot. JVC folgte der Innovation über ein Jahr später beim Design des MP-C303, in die Sigmarion-Serie von NEC/ NTT DoCoMo hielten TFT-Screens sogar erst 2003 Einzug.

Das Display des HC-AJ1 war aber nicht nur technisch weit seiner Zeit voraus, es ist auch riesengroß. Die sichtbare Fläche mißt gigantische 172x129mm, was wirklich jedem reichen sollte, seinen Lieblingsroman in elektronischer Form komfortabel und augenfreundlich lesen zu können.


Abbildung 1: Ultra-flacher Handheld mit riesengroßem Display, zum Größenvergleich rechts daneben eine
CD, links eine Münze

...super-schlank

Klappt man das Gehäuse auf, mißt die Unterseite mit Tastatur gerade mal 12mm in der Höhe, etwa die Hälfte des Durchmessers einer Münze. Trotz dieser super-flachen Gehäuseunterseite ist die Balance bei aufgeklappten Display-Deckel immer noch gewährleistet.

Der HC-AJ1 läßt sich recht komfortabel mit nur einer Hand halten. Gewöhnlich lese ich vor dem Einschlafen noch in einem meiner eBooks. Dabei greife ich bevorzugt zum HC-AJ1, obwohl ich eine ziemliche Auswahl an HandheldPCs und PocketPCs zur Verfügung hätte. Zum einen sicherlich wegen des großen Displays und der prima Lesbarkeit. Aber auch deshalb, weil ich den HC-AJ1 bequem rechts in der Armbeuge halten und mit dem rechten Daumen über die Cursor-Tasten blättern und scrollen kann. Tatsächlich ermüdet das überhaupt nicht, was den HC-AJ1 für mich zum perfekten eBook Reader macht.


Abbildung 2 (oben): Das nenne ich schlank! Von links nach rechts der Infrarot-Port, PCMCIA Slot, USB
Host-Buchse, 56K Modem
Abbildung 3 (unten): Von links nach rechts Netzstromanschluß, serieller Port, PHS Kommunikations-Port,
CF II Slot

...richtig schnell

Nur wenige HandheldPCs bringen den recht exotischen MIPS-Prozessor TX3922 von Toshiba mit 129MHz Taktfrequenz mit. Er basiert auf dem MIPS R3000 Kern, anders als die weiter verbreiteten NEC-Prozessoren mit R4000 Kern. Obwohl nominell langsamer aufgrund des niedrigeren Prozessortaktes, dürfte der HC-AJ1 trotzdem zu den schnellsten Geräten der Generation HPC pro gehören.

Zum Beispiel besaß ich mal einen NEC 730F, die japanische Version des international vermarkteten NEC MobilePro 880, mit 168MHz VR4121 CPU. Trotz geringerer Taktfrequenz läßt der HC-AJ1 den 730F einfach stehen, wenn man das Arbeitstempo in alltäglich genutzten Applikationen betrachtet. Im Vergleich zum HC-AJ1 wirkte der 730F regelrecht träge. Meine meistgenutzten Programme - Pocket Word, Mdict und Total Commander - starten deutlich schneller als am 730F. Daß mich mein Gefühl da nicht trügt, beweist der BMQ Benchmark-Vergleich auf dieser Site hier.

Die Toshiba-CPU bringt auch eine leistungsfähige Grafik-Recheneinheit mit. Eigentlich hatte ich mir den NEC unter anderem deshalb gekauft, weil ich damit Präsentation und Bilder anzeigen lassen wollte. Gerade in dieser Hinsicht war der 730F ausgesprochen lahm. Bei diesem Gerät mußte ich ständig warten anstatt zu arbeiten. Schlußendlich habe ich den NEC dann wieder verkauft. Am HC-AJ1 dagegen wird Multimedia zum Erlebnis. Mit dem großartigen Bildbetrachter Pocket Quick View 3.0.7 wird zum Beispiel ein 653 Kilobyte großes JPEG mit 1152x768 Auflösung in nur 2,6 Sekunden geladen, gerendert und dargestellt. Der ebenfalls für diese Zwecke gut geeignete TCPMP braucht in der Version 0.66e nur unwesentlich länger.

Wie um die Multimedia-Rechenleistung des Geräts noch zu betonen, hat Sharp sogar einen MPEG Player ins ROM aufgenommen. Keinen besonders guten, er schafft nur Videodateien mit 160x160 Auflösung und hält dem Vergleich zu einem heutigen Player wie TCPMP sicherlich nicht mehr stand.

...noch voller Saft und Kraft

Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die Standardbatterie des HC-AJ1 liefert nominell 1500mAh. Nun verbrauchen TFT-Displays bekanntlich deutlich mehr Strom als STN- oder DSTN-Panels. Zu meiner Überraschung hält der HC-AJ1 trotzdem ziemlich lange durch mit einer Akkuladung. Mit der Hintergrundbeleuchtung auf drittniedrigster Stufe liefern meine beiden Gebraucht-Akkus jeweils zwischen 4 und 4,5 Stunden Strom. Testbedingungen: Ein bißchen PIM, ein bißchen Schmökern in eBooks, ein bißchen Textverarbeitung über die Tastatur (was ordentlich Strom braucht) und ein bißchen Bildergucken von CF-Karte (was auch ordentlich Strom frißt). Ich bin wirklich zufrieden mit dem Durchhaltevermögen meiner Akkus.

...gleichermaßen schön wie nutzerfreundlich gestaltet

Obwohl Hersteller Sharp sich offenkundig darauf konzentriert hat, den HC-AJ1 möglichst schlank und leicht zu bauen, kamen ergonomische Aspekte beim Design nicht zu kurz. So z.B. der Lautsprecher, vorne unterhalb der Tastatur plaziert anstatt wie bei vielen anderen Handhelds im Gehäuseboden, wo er dumpf und gedämpft sicher keinen Musikgenuß bieten kann, wenn der Handheld irgendwo abgestellt ist.


Abbildung 4: Die sehr komfortable Tastatur, links darüber das Microfon, darunter der kleine Mausersatz-
Knubbel mit den beiden "Maustasten", rechts daneben der Lautsprecher, ganz unten die geriffelte Hand-
ballenauflage

Sharp hat auch nicht wie NEC/ NTT DoCoMo beim Sigmarion 2 vergessen, ein Mikrofon einzubauen. Die Unterbringung direkt oberhalb der Tastatur ist günstig für Anwender, die häufiger mal Sprachnotizen aufzeichnen wollen.

Unterhalb des Keyboards findet sich ein kleiner Knubbel als Mausersatz samt linker und rechter "Maustaste" - ein Eingabegerät, das man häufig braucht, da der HC-AJ1 keinen Touchscreen hat. Abgesehen vom HC-VJ1C und HC-VJ2C (der japanischen Originalversion des OEM-Geräts Intermec 6651) hat Sharp zu jener Zeit in der gesamten AJ-Serie - also sowohl beim HC-AJ1 wie beim HC-AJ2 und HC-AJ3 - keine Touchscreens verbaut. Stattdessen bringen diese Geräte eben ein solches Eingabegerät mit, ein Mittelding zwischen Trackball und Navigations-Stick. Bei den neueren Modellen HJ-AJ2 und HC-AJ3 hat Sharp eine verbesserte Version dieses Maus-Knubbels verwendet. Neben den Sharp-Geräten kenne ich nur einen einzigen Handheld, der keinen Touchscreen bietet, nämlich das sehr kurzlebige IBM WorkPad Z50.

Der Tastenhub beträgt laut Dokumentation von Sharp 15mm. In einer nicht-asiatischen Sprache darauf zu tippen, geht wirklich gut von der Hand. Allerdings macht die Tastatur beim Schreiben seltsame Geräusche. Das könnte natürlich daran liegen, daß ich ein Gebrauchtgerät in nicht mehr ganz neuwertigem Zustand verwende, aber ich glaube das nicht. Vielmehr denke ich, das Design ist daran schuld. Womöglich taugen die verwendeten Federn in den Tasten einfach nicht.

Noch ein sehr anwenderfreundliches Feature des HC-AJ1: Unterhalb von Maus-Knubbel und Lautsprecher gibt es eine bequeme Handballenauflage mit geriffelter Oberfläche, die Wegrutschen oder ähnliches Mißgeschick beim Tippen verhindert.

An der Vorderseite des Gehäuse neben den beiden Alarmierungs-LEDs für Ladezustand und Termine finden sich noch zwei kleine Tasten. Die Blaue baut auf einmaliges Drücken eine Internet-Verbindung auf und startet den Browser, die Grüne ruft den Mail-Client auf und eingehende Nachrichten vom eingestellten POP-Server ab. Das funktioniert auch dann, wenn der HC-AJ1 ausgeschalten ist - einmal gedrückt, schon schaltet sich das Gerät ein und geht online. Natürlich muß man vorher eine funktionierende Internet-Verbindung konfigurieren, was dank eines eigenen Assistenten von Sharp kinderleicht ist.


Abbildung 5: Mit einem Tastendruck online, um im Web zu surfen oder Mails zu lesen

...gut ausgestattet mit Software

Zusätzlich zur Standardausstattung des Betriebssystempakets WinCE 2.1x liefert Sharp einiges an weiteren Programmen mit: MPEG Player, einen PC File Viewer (von OEM-Anbieter Inso Outside In Viewer technology), Photo Viewer und Editor sowie Treiber und Software für die Sharp CE-AG03 Digitalkamera, die sich an den HC-AJ1 anschließen läßt.

Mein Fazit

Der Sharp HC-AJ1 ist ein wahres Himmelsgeschenk. Er ist gleichermaßen schick, leicht, leistungsfähig und schnell und damit so ganz anders als die üblichen plumpen und meist langsamen HPC pro Geräte. Bei nur 810g Gewicht bekommt man ein leuchtstarkes 8,4" TFT-Display, einen USB Host-Port, 56K Modem, einen PCMCIA II- und einen CF II-Steckplatz, außerdem natürlich Infrarot und serielle Schnittstelle zum Synchronisieren. Die Tastatur ist allemal gut, um darauf einen kompletten Roman zu tippen, solange es nicht in einer asiatischen Sprache sein muß. Ich habe meine drei Testberichte über Celux 300HC, Sigmarion 2 und eben diesen über den HC-AJ1 allesamt auf diesem fabelhaften Keyboard getippt. Und sehr komfortabel, möchte ich betonen. Chinesisch über diese Tastatur einzugeben (über jede HPC-Tastatur allerdings), ist mir zu umständlich, weshalb ich das nur im Notfall tue.

Wenn mich jemand fragt, würde ich den HC-AJ1 unbedingt empfehlen, sogar noch vor dem Intermec 6651 oder dem Sigmarion 2. Auf letzterem führt das miserable Display zur Abwertung, was auch die super-schnelle CPU und der Media Q Grafik-Chip nicht wettmachen können. Ersterer ist trotz HPC 2000 als Betriebssystem nicht wirklich schneller als ein mit 32 MB ausgestatteter HC-AJ1, stattdessen unhandlicher und irgendwie plump im Vergleich.

Man könnte natürlich einwenden, die beiden HPC 2000 Geräte brächten mehr Auswahl an Software und den besseren Pocket Internet Explorer mit. Für Anwender im Westen könnte dieses Argument sogar ziehen. Wenn man wie ich aber hauptsächlich chinesische Websites ansurft, wird man mit keiner der beiden IE-Versionen aus HPC pro und HPC 2000 glücklich, da beide nicht zurechtkommen mit Seiten, die Inhalt in einem Zwei-Byte-Zeichensatz darstellen, außerdem üblicherweise recht überladen sind mit blinkenden Werbebannern, ActiveX-Elementen und Flash-Animationen. An den meisten dieser Seiten scheitern beide.

Meine Bewertung für den HC-AJ1 steht damit fest: beide Daumen hoch! Ich besitze mehrere HandheldPCs und auch PocketPCs, aber die meiste Zeit über nutze ich den HC-AJ1. Einzig einen Kopfhöreranschluß vermisse ich bei diesem Gerät. Damit könnte ich dann nebenbei noch Musik hören, während ich eBooks lese. Aber auch so ist und bleibt der HC-AJ1 ein Himmelsgeschenk.

Weitere Bemerkungen

Spezifikationen des HC-AJ1:

Betriebssystem: Microsoft Windows CE Handheld PC Professional Edition Ver3.0 (japanische Version)
CPU: Toshiba MIPS TX3922 129MHz
RAM: 16MB (erweiterbar auf 32MB)*
Bildschirm: 8,4" TFT 65.536 Farben, 800x600 Auflösung
Schnittstellen: PCMCIA Typ II, CompactFlash Typ II, PHS, serielle Schnittstelle zum Syncen, IrDA 1.0, USB Host-Port, 56K Modem
Größe & Gewicht: 213x192x24,2mm, 810g

* Standardmäßig bringt der HC-AJ1 16MB RAM mit. Auf dem Gebrauchtmarkt gibt es aber Geräte, die bereits auf 32MB aufgerüstet sind. Wer so ein Gerät sucht, sollte möglichst eines mit erweitertem Speicher kaufen. Ich selbst besitze zwei dieser Handhelds, einen mit 16MB und einen mit 32MB.

Software-Tips für den HC-AJ1 finden sich in meinem Testbericht zum Sigmarion 2. Abgesehen von Programmen, die explizit HPC 2000 voraussetzen, läuft alles, was am Sigmarion 2 funktioniert, auch auf dem Sharp.

Links, die im Testbericht erwähnt wurden (Stand Oktober 2005)

NEC's USB Clik! Treiber für Windows CE: http://www.nec.co.jp/
232usb - RS232 USB serieller Treiber: http://www.softclub.jp/zoro/ce/
TCPMP: http://tcpmp.corecodec.org
Pocket QuickView: http://www.bitbanksoftware.com/PQV.html
Ein extrem schneller und komfortabler Bildbetrachter. Er arbeitet ungeheuer schnell am HC-AJ1, wahrscheinlich auch auf anderen HandheldPCs. Man sollte ihn sich nicht entgehen lassen!

5. Oktober 2005
Zhou Xiwen

Namentlich gekennzeichnete Anwendertestberichte geben ausschließlich die Erfahrungen und Meinungen des Autors wieder.


Einen Fehler gefunden? Einen Link, der ins Leere weist? Anregungen zu dieser Seite?
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf: webmaster@rothberger.net oder per Beitrag im Forum